Der Tanz der Farben auf dem Wasser
Kaum eine Kunstform des Osmanisches Reiches wird so verkannt wie Ebru, “die Kunst, Farben auf dem Wasser tanzen zu lassen”. Seit Jahrhunderten bekannt und Grundlage vieler wertvoller alter Kalligrafien und Zeichnungen aus der Feder osmanischer Künstler und Gelehrter, wird es in Deutschland kaum mehr als Kunst, vielmehr als Dekotechnik oder gar “Kindergarten-Gepansche” angesehen - völlig zu Unrecht.
Das kennt eigentlich jeder: marmoriertes Papier. Ist ja auch ganz einfach, schon Kindergartenkinder haben Riesenspass daran, Wasserfarbe in eine Wanne mit Tapetenkleister Wasser zu klecksen, zu verrühren…. zu beobachten, wie die Farbe fliesst, zerfasert und ganz neue Formen schafft, ist ein faszinierender Vorgang. Die so geschaffenen kleinen Kunstwerke werden gerne als Bucheinband, auf Dosen und als Lesezeichen verarbeitet. An Bilder, die man rahmt und an die Wand hängen kann, denkt dabei aber kaum jemand.
Marmorieren einem bestimmten Rahmen variiert scheint jeder in einer werden können. Schwierigkeitsskala von 1 bis 10 irgendwo bei 1,5 knapp oberhalb der beliebten Serviettentechnik anzusiedeln, “Kunst” ist das sicherlich nicht…. Jede Bastelabteilung hat zumindest ein Startset für das Marmorieren von Papier im Angebot…. ist ja auch keine Kunst.
Keine Kunst?
Im Genteil…. Das Marmorieren von Papier ist eine sehr alte und geheimnisumwitterte Technik - Die Jahrhunderten in Zentralasien und EBRU-MALEREI entstand vor Jahrhunderten in Zentralasien und erreichte ihre Reife etwa im 15. Jahrhundert in Kleinasien. Die Kunst des EBRU ist mit einem Geheimnis umgeben, denn die Herstellung der Kunstwerke ist schwierig, und viele Künstler halten ihre Technik, ihre Mischung für die Wanne und die Farben geheim. Meist diente das Marmorpapier als Schreibgrund oder Rahmung für die berühmten osmanischen Kalligrafien.
Später entwickelten die Kunsthandwerker kompliziertere eigenständige Marmoriermotive und Ebru wurde eine selbständige Kunstrichtung. Die im Osmanischen Reich seit dem 16. Jh. verbreiteten Buntpapiere erfreuten sich bald auch in Europa großer Wertschätzung, wo man sie ab dem 17. Jh. auch selbst herstellte.
EBRU kommt aus dem Persischen und stammt vom Wort “ebr” – Wolke – ab. Man rührt zuerst eine gallertartige Masse in einer flachen Wanne an. Auf diese tropfen die Kunsthandwerker die wässrigen Farben mit dem Pinsel auf und verzogen sie mit “Kämmem” oder Stäbchen zu Marmormustern. Später entwickelten sich Richtungen, wo wunderschöne florale Motive,Kalligrafien und ganze Landschaften auf die Oberfläche aufgetropft wurden. Dabei berührt der Pinsel niemals die Oberfläche. Es gibt wie in der Kalligrafie unzählige vorgegebene Muster und Blütenformen, die in einem bestimmten Rahmen variiert werden können.
Nun wird ein starker Papierbogen vorsichtig auf die schwimmende Farbe gelegt und anschließend wieder abgehoben. Die Farbe bleibt am Papier haften.
Nur wenige Künstler beherrschen diese scheinbar kinderleichte Technikwirklich, und von diesen sind wiederum nur wenige in der Lage, figurativ zu arbeiten, da es fast unmöglich ist, den Fluss der Farben vorauszusehen. Ebru ist auch immer die Bereitschaft, die Farbe bis zu einem gewissen Grad ihren eigenenWeg finden zu lassen, mit der Phantasie zu folgen und daraus dann ein Bild zu schaffen.
Eine weitere moderne Art des Ebru ist die Verwendung der marmorierten Papiere als Untergrund zu weiteren Malereien, wobei die Linien und Strukturen in das “neue” Bild eingearbeitet werden und einen wunderbar weichen und fliessenden Eindruck erwecken.
Wenn Sie in Alanya in die kleinen Galerien in den Seitenstrassen- abseits vom Touristenrummel - gehen und nach “Ebru sanatı” fragen, werden sie sicher der einen oder anderen verkannten Schönheit begegnen.... und der Respekt des Galeristen ist Ihnen gewiss.